Der Storch Heinar ist 2008 aus dem Ei geschlüpft. Lies im Interview, wie der modebewusste Vogel die Welt mit Merchandise zu einem besseren Ort macht.
Storch Heinar ist eine Kampagne des Mecklenburg-Vorpommerschen Juso-Projektes „Endstation Rechts“ und verkauft über Spreadshop eigenes Merchandise. Der Führerstorch startete 2008 als Reaktion auf den zunehmenden Erfolg der rechten Modemarke „Thor Steinar“ durch. Seitdem setzt er sich gemeinsam mit vielen Menschen in ganz Deutschland modisch treffsicher für mehr Toleranz, Freiheit und gegen Rassismus ein – immer entlang des schmalen Grads der Satire, den Rechten auf der Nase herumtanzend. Wir hatten ein paar Fragen an den tierischen Modeschöpfer…
Hey Heinar, bist Du eher Politiker oder Modeführer?
Ich bin satirischer Stachel im Fleisch der rechtsversifften Kräfte in diesem Land. Modeführer ist meine Passion, Politiker meine Berufung, glasklar meine Haltung.
Wieso macht Storch Heinar eigentlich ausgerechnet Mode?
Man kann sich der blau-braunen Brut auch nackt entgegenstellen. Aber mit formschönen Leibchen, feschen T-Hemden und mutigen Ziehdrübern geht das gleich viel leichter. Ich bin ja 2008 geschlüpft. Schon damals mit dem festen Willen, der Welt meinen Namen aufzusticken. Das war die Zeit, als die NPD noch jemand kannte und die bei Nazis beliebte Modemarke „Thor Steinar“ hochkam. Da musste ich einfach #gegenhalten. Müssen wir immer noch. Auch mit Satire und Mode. Mit einem meiner T-Hemden kann man ganz einfach ein klares Zeichen gegen Rechts setzen. Davon benötigen wir gerade heute noch viel mehr *zwinker zwinker*
Wie kamst Du zu Spreadshop?
Als Modeführer im Ehrenamt habe ich einfach nicht die Zeit, Produktion, Lagerhaltung, Abrechnung und Versand meines gigantischen Modeimperiums selbst zu erledigen. Ich brauchte also kleine Helferlein, die all diese Aufgaben für mich übernehmen und meine Mode verlässlich unters Volk bringen. Ein funktionierender Kaufmannsladen im Weltnetz, der sich in meine Seite integrieren lässt, war eine zusätzliche Anforderung. Ihr seid auf meinem Radar aufgetaucht und ich war schnell überzeugt.
Was ist Dein Feedback zu Spreadshop? Hast Du Lob oder Kritik für uns?
Ich bin voll des Lobes. Die antifaschistische Mode-Munition wird auf Bestellung zuverlässig an die Demokratie-Front geliefert. Was ich noch sehr schön fände, wäre das Auflegen von limitierten Editionen. Ein Motiv, das man bspw. für 20 Tage in der Größe der Wahl bestellen kann und von dem dann alle Bestellungen von Euch in einem Rutsch produziert und verschickt werden.
Kleiner Tipp: Das kannst Du selbst machen. Du musst Dein Special-Edition-Motiv nur 20 Tage lang online lassen und dann wieder aus dem Shop nehmen. Zurück zum Thema Nazis und Social Media: Lifestyle, Snapchat und Demonstrationen – gibt es eigentlich irgendeinen Ort, der von Nazis noch nicht besetzt ist?
Die Vorderseite des Mondes…
Scherz beiseite: Ich finde ja die offensichtlichen Nazis bekanntlich schon richtig schlimm. Was mich aber fast noch mehr ärgert, sind die blau-braunen Leichtmatrosen, die Nazi-Sprech und Nazi-Denke unter dem Deckmantel der „Bürgerlichkeit“ unters Volk zu bringen versuchen und in den letzten Jahren immer wieder die Grenze dessen, was man im öffentlichen Raum sagen kann, in Richtung Nazi-Sprech verschoben haben. Es ist leider so – von jeder Sch****, die geworfen wird, bleibt immer etwas hängen. Wir müssen diesem allgegenwärtigen Rassismus und dieser Ausländerfeindlichkeit in der Sprache viel häufiger und entschiedener entgegentreten. Unter dem Deckmantel des: „Das darf man ja nicht mehr offen sagen“, werden meist Dinge gesagt, die ganz einfach respektlos und menschenverachtend sind.
Gut, dass es Dich gibt, lieber Storch! Was passiert eigentlich mit dem Geld, das Ihr über Spreadshop verdient? Nutzt Du Deinen Spreadshop bzw. Deine Outfits auch, um Spenden zu sammeln?
Am Ende sind alle Erlöse pure Unterstützung für die Aufklärungsarbeit gegen Rechts. Auch wenn der Großteil der Arbeit im Projekt von Anfang an bis heute ehrenamtlich erfolgt, gibt es immer wieder Kosten, die gedeckt werden müssen. Postkarten und Briefkastenaufkleber drucken zum Beispiel, mit meiner Kapelle Storchkraft zu einer Demo fahren und auch Anwälte bezahlen, wenn die Rechten mir mal wieder aufs Dach steigen wollen.
Bislang hat sich leider auch noch kein Großindustrieller gefunden, der einfach 100.000 Exemplare meiner Biografie aufgekauft hat, um mir auf diesem Wege verdeckte Spenden zukommen zu lassen. Also verkaufe ich weiter T-Hemden.
Deine Zielgruppe ist ziemlich klar: Menschen, die keinen Bock auf Nazis haben! Hast Du vielleicht noch detailliertere Insights zu den Leuten, die sich für Deinen Shop interessieren?
Ich dachte, Ihr hättet die!?
Unsere Fans rekrutieren sich hauptsächlich aus dem Umfeld der linksgrünversifften Freunde des Gutstorchen, also mir. Uns alle eint: Wir sind Antifaschisten. Also anständig.
Wie entstehen eigentlich Deine witzigen Storch-Designs? Hast Du auch so einen Propagandaminister?
Ich habe vor allem eine gute Dusche. Man glaubt gar nicht, welche Ideen alle unter der Dusche geboren werden. Dann gibt es eine kleine Redaktionskonferenz, meine medialen Vorkoster, die dann gemeinsam entscheiden. Nicht jede Grafik ist am Anfang gut. Manche ist es auch am Ende noch nicht. Aber die Botschaft passt. Darauf kommt es mir an. Umgesetzt wird dann übrigens mit Inkscape, einem großartigen Open-Source-Grafikprogramm.
Wow! Das hätten wir bei der Qualität der Designs jetzt nicht gedacht… Respekt! Wenn Du irgendeinem Politiker ein solidarisches Ei in den Schoß legen könntest – welcher wäre das?
Ein solidarisches Ei? Äh, ja. Auf jeden Fall bekommt Manu Schwesig eins. Die zeigt in meinem Heimatland Meck-Pomm einfach klare Kante gegen Rechts und macht allen Mut, sich selbst zu engagieren. Wenn ich noch Soli-Eier übrig habe, bekommen alle Jusos eins. Die haben mich nämlich aus dem Ei gepellt und liebevoll mit der Eierlikör-Flasche aufgezogen.
À propos Storch Heinar als Teil der Jusos Meck-Pomm. Wie schafft Ihr es, links zu bleiben? (Oder eher: Wie schafft Ihr es, neutral zu bleiben?)
Neutral? Ich hab mich wohl verhört! Ich bin doch kein Schweizer Banken-Storch. Mein natürlicher Fressfeind steht rechts. Aber wenn sich jemand aus dem demokratischen Lager erdreistet, in trüben rechtsversifften Wassern zu fischen, dann hau ich dem natürlich auch auf die Finger. Das musste kürzlich auch ein Thüringer Würstchen lernen, das in einem schwachen Moment geistiger Umnachtung ‘Ja, ich nehme die Wahl an’ gesagt hat.
Du redest wohl von Kemmerich… Was war das Größte, was Ihr je mit einem Eurer Designs erreicht habt? Was wäre das Größte?
Ich bin zwar der größte Modedesigner aller Zeiten (GröMaZ), neige aber sonst nicht dazu, dem Superlativ zu frönen. Das Größte, was ich erreicht habe, ist, dass inzwischen bundesweit in Wahlkämpfen unter rechten Plakaten meine Plakate aufgehängt werden. Ohne mein Zutun. Dass Menschen mit meiner Mode, Plakaten oder Klatschpappen auf die Anti-Nazi-Demo gehen und sich für eine bessere Welt stark machen. Ich wüsste nichts, was diese vielen hundert kleinen Erfolge toppen könnte.
Liebe Storchen-Staffel da draußen: Ihr seid die Größten!
Habt Ihr eigentlich schon Begegnungen mit Verschwörungstheoretikern gehabt?
Regelmäßig. Man versucht mir ja auch immer zu erzählen, mich würde es gar nicht geben. Ich wäre nur eine Kunstfigur. Aber das ist natürlich nur eine haltlose Verschwörungstheorie.
Da kann ich in meiner geheimen Mondbasis auf der dunklen Seite nur herzhaft drüber lachen.
Hat auch schon mal aus Versehen ein Nazi in Eurem Shop bestellt?
Ich meine mich an einen solchen Fall zu erinnern. Ganz bestimmt haben aber schon Nazis ganz bewusst bei mir bestellt und tragen mich dann heimlich. Sieht ja einfach viel besser aus, unsere Klamotte.
Welche Deiner Designs sind eigentlich besonders beliebt und warum?
Auf jeden Fall der Klassiker – das runde Logo. Und der nationale Viehbestand erfreut sich auch großer Beliebtheit. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Menschen mein aktuelles Design „Schnabel auf!“ in die Öffentlichkeit tragen. Denn das ist gerade jetzt sehr wichtig: Für ein friedliebendes und weltoffenes Land einzutreten und auch mal laut zu werden.
#wirsindmehr – also lasst es die andere Seite auch hören.
Zum Schluss noch eine Frage: Was rätst Du anderen politischen Aktivisten und Initiativen, die überlegen einen Shop zu eröffnen?
Schlaft eine Nacht drüber und fragt euch immer, ob Ihr mit eurem T-Hemd-Design auch ins Kino gehen würdet. Ob ihr es beim Sport tragt. In der Schule. Auch politische Botschaften, gerade auf T-Hemden, sollten nachhaltig und zeitlos sein. Und subtil und getragen ist am Ende besser als provokant und im Schrank verschwunden.
Auf jeden Fall muss es gut aussehen. Feschos statt Faschos!
Danke für das Interview, Storch Heinar. Wir hoffen, dass Du, Dein Shop und Deine Followerschaft weiter abhebt und wünschen alles Gute!
Storch Heinars Designs findest Du in seinem Spreadshop. Außerdem ist der linke Vogel bei Facebook, Instagram und als „Endstation Rechts“ bei Twitter aktiv.